Arbeitsrecht

21.04.2011


Krankheitsbedingte Kündigung und betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht

Kann ein Arbeitnehmer seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, so kann dies seinen Arbeitgeber zum Ausspruch einer personenbedingten Kündigung berechtigen. Man spricht in diesem Fall von einer krankheitsbedingten Kündigung.

Bei dieser krankheitsbedingten Kündigung sind vier Fallgruppen denkbar:

- Die Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen
- Die Kündigung wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit
- Die Kündigung wegen lang andauernder Erkrankung
- Die Kündigung wegen krankheitsbedingter Leistungsminderung

Erforderlich ist stets, dass eine negative Gesundheitsprognose vorliegt, aufgrund derer die Besorgnis besteht, dass es durch die Erkrankung des Arbeitnehmers zukünftig zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Beeinträchtigungen des Arbeitgebers kommt.

Da vor Ausspruch einer Kündigung immer geprüft werden muss, ob die Problemlage nicht durch ein milderes Mittel gelöst werden kann, ist der Arbeitgeber gehalten zu prüfen, ob der Arbeitnehmer nicht auf einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden kann.

Konkretisiert wird dieser Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch das in § 84 Abs. 2 SGB IX geregelte betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM).

Demnach muss der Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank geschrieben ist, in Zusammenwirken mit den gesetzlich vorgesehenen Stellen und dem betroffenen Arbeitnehmer Möglichkeiten suchen, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden werden kann und mit welchen Leistungen und Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.

Unterlässt der Arbeitgeber das betriebliche Eingliederungsmanagement, so muss der Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung nur behaupten, dass er bei anderen Arbeitsbedingungen weniger häufig oder gar nicht mehr erkrankt wäre. Der Arbeitgeber muss daraufhin beweisen, dass sowohl der Einsatz auf dem bisherigen Arbeitsplatz krankheitsbedingt nicht mehr möglich ist, der Arbeitsplatz auch nicht umgestaltet werden kann und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden kann. Kann er diesen Beweis nicht erbringen, ist die Kündigung unwirksam.

Es ist daher im Falle krankheitsbedingter Kündigungen stets ein erhöhtes Augenmerk darauf zu legen, ob und wie ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt wurde.

RA Michael Vogt














28.07.2010


BAG: Betriebsrat hat in der Regel Anspruch auf einen Internetzugang

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht


Nach § 40 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufenden Geschäfte in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

Welche Mittel nun genau zur Erledigung der Betriebsratsaufgaben erforderlich sind muss letztendlich der Betriebsrat selbst entscheiden. Er hat hierbei allerdings die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kosten gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen.

Hierzu hat nun das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Betriebsrat einen Zugang zum Internet regelmäßig für erforderlich halten darf, sofern dem keine berechtigten Interessen des Arbeitgebers entgegen stehen. (BAG, Beschluss vom 20.01.2010, 7 ABR 79/08) Der Arbeitgeber ist somit in der Regel verpflichtet, dem Betriebsrat einen entsprechenden Zugang zur Verfügung zu stellen.


27.05.2010


BAG: Befristung von Arbeitsvertrag unwirksam bei Übertragung von Daueraufgaben

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht

Grundsätzlich ist in Deutschland die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur beim Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig.

Die vom Gesetzgeber vorgesehenen Sachgründe sind wiederum in § 14 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) aufgeführt, wobei nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG eine Befristung dann zulässig ist, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers nur vorübergehend besteht.

Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht jüngstens entschieden, dass eine auf diesen Grund gestütze Befristung unwirksam ist, wenn dem Arbeitnehmer Daueraufgaben übertragen werden, die von dem eigentlichen Stammpersonal wegen einer von vornherein unzureichenden Personalausstattung gar nicht erledigt werden können. (BAG, Urteil vom 17.03.2010, 7 AZR 640/08)

Rechtsfolge einer unwirksamen Befristung ist, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Hierbei ist jedoch unbedingt zu beachten, dass eine so genannte Entfristungsklage innerhalb von drei Wochen nach dem Ende der Befristung zu erheben ist.


02.02.2010


BFH: Verschieben des Zuflusses einer Abfindung steuerrechtlich zulässig

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht

Im Steuerrecht gilt das so genannte "Zuflussprinzip", d.h. Abfindungen sind grundsätzlich in dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem sie dem Arbeitgeber zufliessen, er also wirtschaftlich über sie verfügen kann.

Hierzu hat der Bundesfinanzhof nunmehr entschieden, dass es steuerrechtlich zulässig ist, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Abfindungsregelung vereinbaren, dass die Abfindung erst später, also zum Beispiel im nächsten Kalenderjahr, fällig werden soll. (BFH, Urteil vom 11.11.2009, IX R 1/09)

Durch derartige Vertragsgestaltungen können somit erhebliche Steuereinsparungen erzielt werden.


27.12.2009


Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit grundsätzlich zulässig

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht

Ist im Arbeitsvertrag die Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Tage nicht ausdrücklich festgelegt und existiert auch in einem Tarifvertrag keine abweichende Regelung, so ist es nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts zulässig, dass der Arbeitgeber einseitig Sonn- und Feiertagsarbeit anordnet. Begründet wird diese Entscheidung mit dem so genannten Direktionsrecht des Arbeitgebers, das ihn berechtigt, die Verteilung der Arbeitszeit nach billigem Ermessen festzulegen. (BAG, Urteil vom 15.09.2009, 9 AZR 757/08)

Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitgeber eine behördliche Genehmigung dafür besitzt, Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen zu beschäftigen.


26.07.2009


Keine einseitige Versetzung in den Ruhestand

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht

Behält sich ein Arbeitgeber in einem regulären Arbeitsverhältnis die einseitige Versetzung des Arbeitnehmers in den Ruhestand vor, ohne dafür eine Kündigung aussprechen zu müssen, ist eine derartige Bestimmung nichtig. (BAG, Urteil vom 05.02.2009, 6 AZR 151/08)

Das Bundesarbeitsgericht begründet seine arbeitnehmerfreundliche Entscheidung im Wesentlichen damit, dass derartige Vertragskonstruktionen mit wesentlichen Grundsätzen des Kündigungsschutzrechtes unvereinbar seien.

So käme der Befugnis zur einseitigen Versetzung in der Ruhestand der Befugnis zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gleich.

Für eine außerordentliche Kündigung sei jedoch entsprechend § 626 BGB ein wichtiger Grund erforderlich.

Dementsprechend stelle eine derartige Vereinbarung eine Umgehung elementarer kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften dar, die letztendlich zur Nichtigkeit der Vereinbarung führe.

Das Bundesarbeitsgericht stellt in seiner Entscheidung ferner klar, dass eine entsprechende Versetzung in der Ruhestand nicht innerhalb der - für Kündigungen sonst geltenden- dreiwöchigen Klagefrist angefochten werden muss.

In dem zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Versetzung erst sechs Jahre nach Ausspruch derselben angefochten und letztendlich Recht bekommen.


28.03.2009


Urlaubsabgeltung auch bei Krankheit

Rechtsgebiet: Arbeitsrecht

Jeder Arbeitnehmer hat in Deutschland nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Urlaub.

Kann dieser Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, beispielsweise aufgrund einer Kündigung, nicht mehr genommen werden, so ist er finanziell abzugelten. Man spricht hierbei von der so genannten Urlaubsabgeltung.
Was passiert nun, wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt gar nicht dazu in der Lage ist, Urlaub zu nehmen?
Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu jahrelang die Auffassung vertreten, dass eine Urlaubsabgeltung dann nicht in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Dauererkrankung im Übertragungszeitraum keinen Urlaub nehmen konnte.
Dies hatte beispielsweise zur Konsequenz, dass ein Arbeitnehmer, der zum 31.03.2008 gekündigt wurde, keinen Anspruch auf Abgeltung eines eventuell noch bestehenden Resturlaubes aus dem Jahr 2007 hatte, wenn er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war.
Diese Rechtssprechung hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr mit Datum vom 24.03.2009 jedoch ausdrücklich aufgegeben.
In dem zu entscheidenden Fall war die Klägerin von August 2005 bis 31. Januar 2007 als Erzieherin tätig. Sie erlitt im Juni 2006 einen Schlaganfall und war vom 2. Juni 2006 über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zumindest bis August 2007 durchgehend arbeitsunfähig.
Nach der älteren Rechtssprechung hätte diese Klägerin keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gehabt.
Diese Rechtssprechung musste das Bundesarbeitsgericht jedoch jetzt aufgeben, nachdem der Europäische Gerichtshof eindeutig entschieden hatte, dass Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub haben, wenn sie während des gesamten Kalenderjahres einschließlich des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig sind und die Arbeitsunfähigkeit auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch andauert. (EuGH, Urteil vom 20.01.2009, Az.: C 350/06)
Zu beachten ist jedoch, dass auch nach dem Wandel der höchstrichterlichen Rechtssprechung eventuell bestehende Ausschlussfristen zur Geltendmachung des Abgeltungsanspruchs unbedingt eingehalten werden müssen.


(C) 2008 - Alle Rechte vorbehalten

Diese Seite drucken