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28.12.2010


Unzumutbarkeit einer Arbeit bei sittenwidrigem Lohn

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist einem Empfänger von Arbeitslosengeld II grundsätzlich jede Arbeit zumutbar, durch die er seine Hilfebedürftigkeit überwinden kann. Nimmt er eine solche Arbeit nicht an, wenn sie ihm von der Arbeitsvermittlung vorgeschlagen wird, muss er mit Sanktionen rechnen.

Fraglich ist hierbei, wie hoch die Vergütung der vorgeschlagene Arbeitsstelle sein muss.

Hierzu hat das Sozialgericht Berlin nunmehr entschieden, dass eine Vermittlung in Arbeitsverhältnisse, die eine zu geringe und damit sittenwidrige Vergütung aufweisen, gar nicht erst erfolgen darf. Lehnt der Arbeitssuchende eine solche Beschäftigung ab, so darf er dafür nicht mit einer Kürzung der Leistungen bestraft werden.

Das Sozialgericht Berlin sieht eine Vergütung dann als sittenwidrig an, wenn sie bei vollzeitiger Beschäftigung nicht dazu ausreicht, den Grundsicherungsbedarf zu decken, der Arbeitssuchende also neben der Arbeit noch aufstockendes Arbeitslosengeld II beziehen müsste. (SG Berlin, 01.09.2010, S 55 AS 24521/10)

31.01.2010


Bundesverfassungsgericht: Beratungshilfe auch für Widerspruch gegen ALG II-Bescheid

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Nach dem Beratungshilfegesetz haben auch finanziell schwächere Menschen einen Anspruch auf anwaltliche Hilfe in der Form eines so genannten "Beratungshilfescheins".

Dieser Schein, der von den örtlichen Amtsgerichten auszustellen ist, ermöglicht es dem jeweils Betroffenen, einen Anwalt seiner Wahl mit seiner Beratung und -sofern notwendig- Vertretung zu beauftragen. Hierfür entstehen ihm dann Kosten von maximal 10,- EURO. Die restlichen Gebühren des Anwalts trägt die Staatskasse.

Gerade im Bereich des Arbeitslosengelds II wurde in der Vergangenheit oftmals durch die Amtsgerichte Beratungshilfe verweigert.

Hierbei wurde die -aus meiner Sicht absurde- Begründung herangezogen, der jeweilige Bürger könne sich ja von der Behörde, die den ALG II-Bescheid erlassen hatte, beraten lassen, ob ein Widerspruchsverfahren Aussicht auf Erfolg hätte. Da die Behörde letztendlich gesetzlich dazu verpflichtet sei, den Bürger umfassend zu beraten, sei die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für das Widerspruchsverfahren nicht notwendig.

Dieser Praxis wurde nunmehr jedoch durch das Bundesverfassungsgericht ein Riegel vorgeschoben.

So überschreitet es nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts die Grenzen der Zumutbarkeit, einen Rechtssuchenden anstelle der Bewilligung von Beratungshilfe auf die Beratung ausgerechnet derjenigen Behörde zu verweisen, deren Entscheidung er angreifen will. (BVerfG, Beschluss vom 13.08.2009, 1 BvR 2604/08)

Dementsprechend ist durch die Amtsgerichte zukünftig Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt auch für Widersprüche gegen ALG II-Bescheide zu gewähren.

22.12.2009


ALG II: Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts/Arbeitslosengeld II sind nach Ansicht des Bundessozialgerichts dazu verpflichtet, ihre Kontoauszüge der letzten drei Monate der Behörde vorzulegen.

Allerdings dürfen die Empfänger von Zahlungen in den Kontoauszügen geschwärzt und damit unkenntlich gemacht werden, wenn ansonsten besondere personenbezogene Daten des Leistungsempfängers, wie beispielsweise die Parteizugehörigkeit, offenbart würden. (BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 45/07)

27.07.2009


ALG II: Schulstarterpaket zum 01.08.2009

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Zum 01. August diesen Jahres erhalten Familien, bei denen zumindest ein Elternteil Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes („Hartz 4“) oder Sozialhilfe bezieht nach dem neu gefassten § 24a SGB II ein so genanntes „Schulstarterpaket“ in Höhe von EUR 100,00.

Anspruch auf diese Leistung, die ausschließlich für den Kauf von Schulutensilien bestimmt ist, haben Kinder die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und die 10. Klasse noch nicht absolviert haben.

Familien, die diese Voraussetzungen erfüllen, sollten zeitnah einen entsprechenden Antrag bei der für sie zuständigen Behörde stellen.

17.05.2009


ALG II: Keine Unterhaltsvermutung bei Wohngemeinschaft zwischen Verwandten

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes („Hartz 4“) erhält grundsätzlich nur derjenige, der seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält.

Leben Hilfebedürftige in einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten, so besteht nach § 9 Abs. 5 SGB II eine Vermutung dahingehend, dass sie von ihren Verwandten Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Diese Regelung führte in der Praxis dazu, dass von den Trägern der Sozialleistungen bereits beim bloßen Zusammenwohnen von Verwandten in einer Wohnung unterstellt wurde, dass der Hilfebedürftige Leistungen von seinen Verwandten erhält und ihm demgemäß ein fiktives Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wurde. Hierbei oblag es nach Ansicht der Leistungsträger dem jeweiligen Bürger zu beweisen, dass er von seinen Verwandten keine Leistungen erhält.

Dieser Praxis wurde nun durch das Bundessozialgericht ein Riegel vorgeschoben.

So hat das BSG jetzt entschieden, dass es für die Unterhaltsvermutung gerade nicht ausreicht, wenn Verwandte oder Verschwägerte in einem Haushalt lediglich zusammen wohnen. Es muss vielmehr eine über eine bloße Haushaltsgemeinschaft hinausgehende, so genannte Wirtschaftsgemeinschaft vorliegen. Hierzu ist es erforderlich, dass die Verwandten oder Verschwägerten aus einem Topf wirtschaften. Hierzu reicht es nach Ansicht des Bundessozialgerichts jedoch nicht aus, dass die Verwandten gemeinsam das Bad, die Küche oder sonstige Gemeinschaftsräume nutzen. Auch der gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- oder Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet nach dieser Entscheidung noch keine Haushaltsgemeinschaft. (BSG, Urteil vom 27.01.2009, B 14 AS 6/08 R)

Darüber hinaus muss nach dieser Entscheidung die Behörde beweisen, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt.

Zusammenfassend kann daher allen Personen, die in einer Wohngemeinschaft mit Verwandten leben und denen deswegen in den letzten Jahren ein fiktives Einkommen angerechnet wurde, nur empfohlen werden, die entsprechenden Bescheide nochmals durch die Behörde überprüfen zu lassen. Dies ist auch nach Ablauf der jeweiligen Widerspruchsfristen noch möglich.

28.01.2009


ALG II: Abgesenkter Regelsatz für Kinder verfassungswidrig

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Einem alleinstehenden Bezieher von Arbeitslosengeld II stehen momentan monatlich 351 Euro zur Verfügung.
Von diesem Betrag sollen nach der Gesetzesdefinition Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens sowie "in vertretbaren Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben" bezahlbar sein.
Für Kinder unter 14 Jahren wurde dieser Betrag bislang aufgrund der Regelung des § 28 SGB II nochmals auf 60 Prozent gekürzt.
Diese Regelung hält der 14. Senat des Bundessozialgerichts für verfassungswidrig.
Nach Auffassung des obersten deutschen Sozialgerichts wäre der Gesetzgeber anstatt einer pauschalen Herabsetzung des Regelsatzes gehalten gewesen, in dem grundrechtssensiblen Bereich der Sicherung des Existenzminimums von Kindern den Regelsatz auf der Basis einer detaillierten normativen Wertung des Kinder- und Jugendlichenbedarfs festzusetzen.
Das Bundessozialgericht, welches ein Gesetz nicht selbst für verfassungswidrig erklären kann, hat diese Frage an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet.
Bis zu einer endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann Betroffenen letztendlich nur empfohlen werden, einen entsprechenden Bescheid durch Erhebung eines Widerspruchs anzufechten.

30.07.2008


ALG II - Welches Kfz ist noch angemessen?

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches 2. Teil (SGB II) erhält Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, kurz ALG II, nur derjenige, der hilfebedürftig ist.

Hilfebedürftig ist hierbei, wer seinen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann.
Zu den "Mitteln", die der Erwerbslose einsetzen muss, bevor Hilfebedürftigkeit gegeben ist, zählt grundsätzlich auch das Vermögen, soweit es gewisse, je nach dem Alter des Erwerbslosen zu bestimmende Freibeträge überschreitet.
Nicht als Vemögen des erwerbsfähigen (!) Hilfebedürftigen zu berücksichtigen ist nach der geltenden Gesetzeslage ein "angemessenes" Kraftfahrzeug.

Welches Kraftfahrzeug ist nun für einen Erwerbslosen noch angemessen?

Während die Bundesagentur für Arbeit in der Vergangenheit im Regelfall von einem Verkehrswert von maximal EUR 5.000 ausgegangen ist, hat das Bundessozialgericht nunmehr entschieden, dass ein Pkw mit einem Verkehrswert von bis zu EUR 7.500 als angemessenes Kfz anzusehen ist und damit zum Schonvermögen zählt.
Als Maßstab zur Ermittlung dieses Verkehrswertes ist hierbei der von privaten Veräußerern aktuell erzielbare und nicht der - meist höhere- Händlerverkaufspreis anzusetzen. (BSG, Urteil vom 06.09.2007, Az. B 14/7 AS 66/06 R)

24.07.2008


Berufskrankheit Bandscheibenvorfall

Rechtsgebiet: Sozialrecht

Versicherte in der gesetzlichen Unfallversicherung haben beim Vorliegen einer Berufskrankheit Ansprüche auf Leistungen ihrer Berufsgenossenschaft, die im Falle einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit bis hin zur Gewährung einer Dauerrente gehen können.

Zu beachten ist hierbei, dass nur solche Beeinträchtigungen Anerkennung als Berufskrankheit finden können, die in der von der Bundesregierung erlassenen Berufskrankheiten-Verordnung aufgezählt sind.
Insbesondere im Bereich der bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbelsäule wurden in der Vergangenheit viele Anträge auf Leistungen der Unfallversicherung seitens des Versicherungsträgers mit der Begründung abgelehnt, dass die nach dem sogenannten Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) zu ermittelnde, kritische Belastungsdosis durch die Tätigkeit des Versicherten nicht erreicht worden sei.
Nachdem in der Vergangenheit immer mehr Kritik an den starren Richtlinien der MDD laut wurde, hat das Bundessozialgericht insbesondere aufgrund der zwischenzeitlich vorliegenden Ergebnisse der Deutschen Wirbelsäulenstudie entschieden, dass die Grenzwerte, ab denen von einem erhöhten Krankheitsrisiko für die Wirbelsäule auszugehen ist, deutlich niedriger als bisher angesetzt werden müssen.
So sei insbesondere der untere Grenzwert der kritischen täglichen Belastungsdosis, auf die Hälfte des bisher üblichen Orientierungswertes herabzusetzen.
Das Bundessozialgericht führt in dieser Entscheidung ferner aus, dass die erforderliche Neubewertung und Absenkung der Grenzwerte zur Folge hat,
"dass weit mehr Versicherte als bisher zu dem Personenkreis gehören, bei denen aufgrund der beruflichen Belastung durch Heben und Tragen sowie Arbeiten in Rumpfbeugehaltung eine Anerkennung von Wirbelsäulenschäden als Berufskrankheit in Betracht kommt."

Letztlich kann allen Versicherten, die bislang 50 Prozent und mehr, nicht aber 100 Prozent der geforderten täglichen Belastungsdosis erreicht hatten und denen aufgrund dessen die Anerkennung einer Berufskrankheit versagt wurde, empfohlen werden, einen Neufeststellungsantrag zu stellen, bzw. sich hierzu ausführlich beraten zu lassen.